Das sogenannte "Windhundverfahren" hat verhindert, dass mehr als 20 Mitglieder des Presse Club Hannover am 6. Oktober 2015, zu Gast in der Staatskanzlei der niedersächsischen Landesregierung sein konnten. Aber die dabei waren, haben einen außerordentlich interessanten und lehrreichen Einblick in das Macht- und Informationszentrum der niedersächsischen Politik in Hannovers Planckstraße Nr.2 bekommen.
Der stellvertretende Sprecher der Landesregierung, Olaf Reichert, zeigte den Gästen zunächst die "Ahnengalerie" auf dem langen Flur in der ersten Etage. Da hingen sie, in Öl gemalt und schön eingerahmt, die bisherigen zehn niedersächsischen Ministerpräsidenten, vom ersten legendären Hinrich Wilhelm Kopf ab 1947 bis David McAllister bis 2013. Etwa die Hälfte war auf den ersten Blick zu erkennen; doch mehrere, unter ihnen besonders Gerhard Schröder und Sigmar Gabriel, waren so eigenwillig porträtiert, dass sie selbst von Kennern nicht zu identifizieren waren.
Dann ging es in das Chef-Zimmer, in den Arbeitsraum von Ministerpräsident Stephan Weil. Das "Allerheiligste", in dem auch wirklich gearbeitet wird, wie Reichert versicherte, hatten sich die meisten sicher anders vorgestellt als den schmucklosen, recht nüchternen großen Raum mit dem einige Meter breiten modernen Schreibtisch an der einen Seite und einem ebensolchen einfachen Konferenztisch an der anderen Seite und dazwischen eine gepolsterte Vierer-Sitzgruppe. Frühere Ministerpräsidenten hatten sich meistens ganz anders eingerichtet, wie sich Zeitzeugen erinnerten. Die Gäste erfuhren auch, dass der Regierungschef natürlich nicht den ganzen Tag hier am Schreibtisch sitzt und Akten durchwühlt; aber dass er jeden Montagmorgen um acht Uhr in der Chef-Runde mit den engsten Vertrauten und Fachleuten die neue Woche mit grünem Tee beginnt.
Das anschließende ehemalige Kabinettszimmer wird heute nur noch wenig für Kabinettssitzungen benutzt. Sie finden meistens im Gästehaus der Landesregierung in der hannoverschen Lüerstraße statt, wo auch Potentaten und hohe Staatsgäste empfangen werden. Bei Häppchen, Wasser und Saft gab Olaf Reichert anhand eines Organisationsplanes einen Einblick in die personelle Zusammensetzung und die Tätigkeitsfelder der rund 60-köpfigen Belegschaft der Staatskanzlei mit ihren vier Staatssekretären und fünf Abteilungen einschließlich der Vertretungen des Landes beim Bund in Berlin und bei der Europäischen Union in Brüssel. In einer etwa einstündigen Gesprächsrunde wurden allgemeine Fragen, darunter die Arbeit der Presse- und Informationsstelle der Landesregierung, vor allem aber die dringendsten und drängendsten aktuellen Probleme wie VW mit der Affäre der Abgasmanipulationen und besonders die Flüchtlingspolitik diskutiert. Dabei schlug sich der Gastgeber mit seinen Antworten und Informationen sehr wacker und zeigte sich immer im Bilde, wenn nötig auch mit der gebotenen Zurückhaltung. Für den Presse Club war es eine der sehr interessanten und wichtigen Informations-veranstaltungen.
Bericht: Rolf Zick
Fotos: Katharina Kümpel