Es muss eine ungewöhnliche Karriere sein, in der man Nomaden im Sudan mit Mehl versorgt, später die Staaten Europas mit Lösungen für diplomatische Probleme und schließlich Menschen auf der ganzen Welt mit schnellem Internet. Derk Oldenburg war Entwicklungshelfer, stellvertretender Botschafter der Niederlande in Deutschland und ist jetzt Mitglied der Führungsmannschaft im weltgrößten Kabelkonzern der Welt, Liberty Global – und er war am Dienstag vor Pfingsten zu Gast im Presse Club Hannover.
Dass Derk Oldenburg eine Karriere außerhalb seiner Heimat, den Niederlanden, aufbauen würde, war ihm gewissermaßen in die Wiege gelegt. Sein Vater, ein Deutschlehrer, übte mit Derk und seinem Bruder schon am Frühstückstisch deutsche Vokabeln. Doch die ersten Stationen führten Oldenburg nicht nach Deutschland, sondern nach Norwegen und von dort in den Sudan. Vom Hubschrauber aus musste Oldenburg in einem Gebiet von der Fläche Deutschlands Nomadenstämme ausfindig machen und dann am Boden mit Lebensmitteln versorgen. Eine Tätigkeit, die ihn offenbar auf den diplomatischen Dienst vorbereitete, denn als er sich einige Jahre später in Jeans und Pullover beim Auswärtigen Amt bewarb, wurde der junge Entwicklungshelfer genommen. Vielleicht nicht trotz, sondern gerade wegen seiner ungewöhnlichen Geschichte.
Später führten Oldenburgs Wege nach Berlin und Brüssel. Bei der EU gewann er einen Eindruck, wie dieser Kontinent funktioniert – und was auch kleine Mitgliedsstaaten bewirken können. Große EU-Länder wie Deutschland oder Frankreich hätten automatisch mehr Gewicht, als etwa die Niederlande, die wiederum deutlich stärker seien als Luxemburg, so Oldenburg. „Aber wenn jemand konstruktiv und klug ist, dann hat er sehr viel Einfluss“ – egal, woher er kommt.
Jetzt ist Derk Oldenburg Managing Director for Public Policy bei Liberty Global, einem Konzern mit 20 Milliarden Euro Umsatz im Jahr und 40.000 Mitarbeitern weltweit. Ein Schwergewicht, das sich aber dennoch in einer neuen Welt neu orientieren muss: Denn unter anderem der Brexit beeinflusst auch das Gefüge von Liberty Global, das zwar seinen Hauptsitz in London hat, aber auch in vielen anderen Ländern Europas vertreten ist. Eine Herausforderung. Dass Oldenburg das aber keine Sorge macht, ist an diesem Abend zu merken. Denn wer schon Nomaden im Sudan mit Mehl versorgt hat, der ist es gewohnt, dass sein Arbeitsfeld ständig in Bewegung ist.
Bericht: Heiko Randermann
Fotos: Torsten Hamacher