Ein Wirtschaftsminister im Fokus des Auditoriums

Referent

„Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen; und jeder geht zufrieden aus dem Haus“ lässt Goethe im Vorspiel zum „Faust“ den Theaterdirektor feststellen. So könnte man das Interview überschreiben, das zunächst Heiko Randermann, dann das gesamte Auditorium  am Dienstag, 17. März 2015, mit Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies führten. Er breitete  das gesamte Spektrum seines Ressorts vor dem Publikum aus, ohne jedoch im Einzelnen in die Tiefe gehen zu können.

Über die Kommunalpolitik sei er in die Landespolitik gekommen, erinnerte sich Lies, dabei habe er gelernt, dass auch kleine Schritte zu Veränderungen und Problemlösungen führen könnten. Man müsse sie nur richtig kommunizieren.

Ein gutes Beispiel dafür sei die notwendige Verbesserung der Infrastruktur. In weiten Teilen der Bevölkerung tendiere das Verständnis dafür  gegen Null. Es sei ein solches Maß von Zufriedenheit vorhanden, dass man Veränderungen nicht mehr für notwendig halte. Auch fehle die Einsicht dafür, dass man im Auge behalten müsse, welche Konsequenzen heute getroffene Entscheidungen in zwanzig oder dreißig Jahren hätten.

Das machte Lies an den zu beschließenden Veränderungen deutlich, die im Ems-Bereich nicht nur große Unternehmen, sondern vor allem auch eine Vielzahl von Kleinbetrieben beträfen. „Wir Politiker entwickeln Ideen, die sofort  konterkariert werden. Also müssen wir vorher erkennen, welcher Frust zu erwarten ist, damit er gar nicht erst aufkommt.“

Den weiteren Ausbau des Breitbandnetzes hielt Lies für unabdingbar, weil er in einem Flächenland wie Niedersachsen die Grundlage für Chancengleichheit zwischen Ballungsräumen und ländlichen Regionen bilde. „Hier dürfen große Wunden nicht weiter mit Pflästerchen bedeckt werden“, forderte Lies, „Eine ausreichende Grundversorgung aller Gebiete tritt auch dem demografischen Wandel entgegen, der ganze Dörfer entvölkert.“

Nach dem Raumordnungsprogramm gefragt, entgegnete der Landespolitiker, wirtschaftlich sinnvolle und politisch durchsetzbare  Strukturen seien die Voraussetzungen für eine vernünftige regionale Ordnung. „Hier dürfen wir uns auch nicht durch egoistische Lokalpolitiker aufhalten lassen, die nur ihre eigenen Interessen sehen.“

Besonders energisch wandte sich Olaf Lies gegen Praktiken in der Fleischwirtschaft, Arbeitnehmer  mit Werksverträgen sklavenartig auszubeuten. Hier müssten mehr Beratungsstellen eingerichtet, Unterkünfte stärker kontrolliert  und nicht hinnehmbare Verhältnisse geändert werden. Es gäbe noch viel zu tun, um rechtsfreie Räume zu beseitigen. Niemand könne behaupten, solche Missstände nicht wahrgenommen zu haben. „Ich schäme mich dafür, dass wir so lange weggeschaut haben“, habe ihm ein Anwohner gebeichtet.

Als realistischer Landesminister räumte Olaf Lies ein, er habe für viele Probleme auch keine Sofortlösung. „Alles braucht seine Zeit. Wir müssen die Dinge auf den richtigen Weg bringen und unsere Entscheidungen so deutlich begründen, dass wir den gewünschten und notwendigen Erfolg erreichen.“

Nicht jeder ging nach der Premiere dieses neuen Veranstaltungsformats zufrieden aus dem Haus. Aber ein guter Anfang ist gemacht.

Bericht: Ulrich Eggert