„There and Back Again“ – Paula Rego in der Kestner Gesellschaft

Besucher

Die Kestner Gesellschaft inszeniert mit der international bedeutenden Künstlerin Paula Rego eine Ausstellung, die tiefe Einblicke in das Werk dieser Frau bietet. Paula Rego gilt als Feministin und Antifaschistin. Themen wie Unterdrückung und Autorität spiegeln sich in vielen Motiven wider.

Die Vorsitzende der Kestner Gesellschaft, Heidelinde Gerhold, hatte den Presse Club aus Anlass des traditionellen 3. Advents zur exklusiven Führung eingeladen und begrüßte herzlich die Besucher. Der künstlerische Direktor, Adam Budak, erläuterte die Werke. Er hat die Ausstellung mit Robert Knoke kuratiert. Die Kunstexperten beschrieben das System der Ausstellung, die Bildsprache sowie den Hintergrund der tragenden Werke der Künstlerin.

Durch Lebensereignisse wie den Tod ihres Manns und wiederkehrende Depressionen beeinflusst, hatte Rego einen tragenden Stil entwickelt, der in der Literatur als magisch-realistisch bezeichnet wird. Märchen und Psychoanalyse waren ihre Themen. Das Malen wurde zum Mittel, um Erlebtes und Emotionen zu verarbeiten. Die Kunst wurde zum selbsttherapeutischen Aspekt ihres Lebens.

Ihre bevorzugte Technik waren Pastellfarben. Ihre Motive sind vielfach Frauen in unterwürfigen Positionen: Sie stehen als Symbol für die Unterdrückung der Frau. Gesellschaftskritisch reagierte sie mit ihrer Kunst auf das Scheitern eines Referendums in Portugal zur Lockerung der Abtreibungsgesetzgebung. Die Bilder dieser Phase zeigen Frauen kurz vor oder nach der verbotenen Abtreibung als eindringliche Warnung vor illegalen Eingriffen.

Das Besondere in Hannover: Erstmals können sich Besucher einen Eindruck davon verschaffen, wie Rego in ihrem Atelier in London gearbeitet hat. Mit Hilfe von Paula Regos Sohn Nick Willing und ihrer kreativen Freundin Lila Nunes wurden die zwei Räume ihres Ateliers für die Ausstellung der Kestner Gesellschaft rekonstruiert. Das Atelier sei wie ein eigenes Theater für sie gewesen, sagte Direktor Budak. Ins Auge fallen große Puppen, genannt Dollies, skulpturale, spielzeugartige Figuren aus Stoff und Pappmaché, ins Auge. Dazu sind Reiseerinnerungen, Bücher und Mobiliar der Malerin zu sehen. Übergroß thront ein Oktopus auf dem Sofa. Er findet sich in Motiven der Malerin wieder. Die Besucher erlangen auf diese Weise einen einmaligen Einblick in die kreativen Arbeits- und Denkprozesse der Künstlerin. Kurator Adam sprach gar von einer Reise in eine transgressive und groteske Welt der theatralischen Fantasie, in der Regos unvergleichbare Vielseitigkeit und die Magie ihrer künstlerischen Botschaft gefeiert würden.

Der internationale Charakter und die Bedeutung der Ausstellung werden durch Leihgaben wie das Werk „Crivellis Garden“ unterstrichen. Das Bild ist eine Auftragsarbeit der National Gallery London aus dem Jahr 1990 und war bisher nie außerhalb von London zu sehen. Die Ausstellung unter dem Titel „There and Back Again“ ist die erste institutionelle Einzelausstellung von Paula Rego in Deutschland. Gezeigt werden 80 Kunstwerke, Gemälde, Zeichnungen, Grafiken.

Am internationalen Kunstmarkt wird Rego hoch gelobt und hoch bewertet. Sie ist im Alter von 87 Jahren im Juni dieses Jahres verstorben.

Der Vorsitzende des Presse Club Hannover, Jürgen Köster, bedankte sich für die außergewöhnliche Möglichkeit, das Werk der bedeutenden Malerin im intimen Kreis kennenzulernen. Dass Heidelinde Gerhold wegen coronabedingtem Ausfall der hauseigenen Gastronomie ihre persönlichen Möglichkeiten einsetzte, um für Speis und Trank zu sorgen, rundete diese schöne Zusammenkunft ab. Hierfür ein ganz besonderes Dankeschön an die großzügige und charmante Gastgeberin. 

Text: Holger Bahl
Bilder: Sabine Wilp