Georgien zwischen demokratischer Freiheit und autoritärer Führung

Robert Glogowski, Thomas Franke, Dr. Sabine Wilp, Irakli Absandse (von links)

Georgien ist ein eher kleines Land, knapp 60.000 Quadratkilometer groß, und es ist mit rund 3,5 Millionen Einwohnern auch eher dünn besiedelt. Ob es deshalb ein bisschen aus unserem Fokus gerutscht ist? Ich weiß es nicht. Beim Presseclub-Abend am 14. Oktober 2025 wurde aber alles dafür getan, das zu ändern. 

Thomas Franke, Autor, Regisseur und Produzent, bereist seit vielen Jahren regelmäßig das Land, das seit Jahrhunderten um seine Freiheit kämpft und in der letzten Zeit wieder stark um seine Unabhängigkeit bangen muss. Er wurde unterstützt von Irakli Absandse, dem ehemaligen Moderator eines öffentlich-rechtlichen Senders, der aus eigenem Erleben schilderte, wie es um die Situation im Land und insbesondere die des Journalismus in Georgien bestellt ist.

Georgien stand jahrhundertelang unter dem Einfluss Russlands. Als eine der ersten Sowjetrepubliken sagte es sich im April 1991 von der UdSSR los und erklärte seine Unabhängigkeit. Zwei Regionen – Abchasien und Südossetien – sind aber nach wie vor an Russland gebunden und stehen bis heute außerhalb der Kontrolle der Regierung in Tiflis. Der Staat im Kaukasus orientierte sich seither an Westeuropa, ein Großteil der Bevölkerung verlangte den Beitritt zur EU. Seit 1999 ist Georgien Mitglied im Europarat. 2022 reichte das Land einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU ein. Seit Dezember 2023 gilt Georgien offiziell als Beitrittskandidat. Nach einem umstrittenen Wahlsieg 2024 kündigte die neue, russlandfreundliche Regierung unter Präsident Micheil Kawelaschwili allerdings an, die EU-Beitrittsverhandlungen stoppen zu wollen. 

Georgien muss seither wieder um seine Unabhängigkeit, seine Freiheit und seine Selbstbestimmung bangen. Der Einfluss Russlands wächst und die regierende Partei tut alles, um das Land vom Westkurs abzubringen, und wendet dabei Methoden an, die denen von Putins Machtapparat in Russland ähneln, so Franke. Das Ziel ist klar: Ein Rechtsstaat, der sich der EU zugehörig fühlt, soll verhindert werden. Unabhängige Stimmen werden kriminalisiert. Das gilt vor allem für Medienschaffende.

„Man hat eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder man arbeitet für regierungstreue Medienunternehmen und wird Propagandist, oder man fliegt raus und wird Dissident,“ erklärte Absandse, der nach seiner Kritik an einem homophoben und antiliberalen Pogrom der Regierung entlassen wurde. Noch habe er nicht wirklich Angst um sein Leben, erklärte er. Noch könne er einigermaßen unbehelligt leben. Die Frage sei aber, wie lange noch. 

Sowohl Franke als auch Absandse gehen davon aus, dass sich die Lage für Journalisten in Georgien innerhalb kürzester Zeit weiter verschärfen wird, so dass einer Gruppe von rund hundert Betroffenen wohl nichts bleibe als die Emigration. Schon jetzt machten die Behörden bei Demonstrationen gezielt Jagd auf Journalisten. Verhaftungen mit zum Teil langen Haftstrafen seien an der Tagesordnung. Aber trotz dieser Bedrohungslage tun Journalisten wie Absandse alles, damit ihre Stimmen weiter gehört werden. 

Der Presseclub-Abend wurde auf Bitten unseres Mitglieds Robert Glogowski ins Programm genommen, der den Kontakt zu Thomas Franke herstellte. Er zeigte sich hocherfreut, dass der Presse Club Hannover kurzfristig das Thema aufgegriffen und auf diese Weise seine ideelle Unterstützung mit den Kolleginnen und Kollegen in Georgien bewiesen habe. Wer tiefer in die aktuelle Situation Georgiens eintauchen möchte, dem sei der gerade im Herder Verlag erschienene Spiegel-Bestseller von Gesine Dornblüth und Thomas Franke „Kampf um die Freiheit – Georgien und der lange Arm des Kreml“ ans Herz gelegt. 

Text: Dr. Sabine Wilp
Fotos: Dr. Sabine Wilp, Thomas Borcholte