„unter drei“: Besuch im TUI-Krisenzentrum

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Stell Dir vor, Du bist mit der TUI auf Kuba und es gibt wegen der neuntägigen Staatstrauer für Fidel Castro keinen Cuba Libre: Dann ist Krise beim Pauschalreiseanbieter aus Hannover, denn das Versprechen auf ungetrübte Urlaubsfreuden steht auf der Kippe.

Für das Team um Ulrich Heuer sind solche Situationen Alltag. Heuer ist seit vielen Jahren Chef des professionellen Krisenstabes der TUI Deutschland GmbH. Beim Vor-Ort-Termin des Presse Club Hannover am 29. November 2016 gaben Heuer und Mario Köpers, Executive Director Unternehmenskommunikation der TUI Deutschland GmbH, tiefe Einblicke in das für Renommee und Wettbewerbspositionierung so wichtige Krisenmanagement.

Für größere Krisen hat Deutschlands führender Reiseveranstalter ein hochmodernes Krisenzentrum in der Zentrale in Hannover eingerichtet. Tritt der Ernstfall sein, findet sich hier ein eingespieltes Team zusammen, um die Lage permanent zu analysieren und schnell zu handeln – zuletzt so geschehen beim Putschversuch in der Türkei. Im Durchschnitt wickelt das Sicherheits- und Krisenmanagement jährlich rund 300 Krisenereignisse ab.

Der Krisenstab der TUI wird aktiv, wenn Streik, Sturm, Vulkanausbrüche oder Anschläge die Urlaubsfreuden trüben und das Leben der Touristen gefährden – aber auch, wenn Gäste sich am Pool ein Bein brechen oder der Gast am Flughafen feststellt, dass sein Flug schon gestern gestartet ist.

Die größte logistische Herausforderung war die Aschewolke, die im April 2010 den Flugverkehr über weiten Teilen Europas tagelang lahmgelegt hat. Diese Situation war einzigartig und stellte die TUI organisatorisch vor eine doppelte Herausforderung: Rund 30.000 gestrandete Urlauber in mehr als einhundert Ländern warteten auf ihre Rückreise. Gleichzeitig saßen 40.000 TUI-Urlauber an deutschen Flughäfen auf gepackten Koffern und warteten auf den Start in den Urlaub. Die Informationen darüber, welcher Flughafen wann geöffnet war, wechselten permanent. Der Krisenstab arbeitete in mehreren Schichten rund um die Uhr. Bis zu 1.500 Mitarbeiter in Deutschland sowie 1.400 Reiseleiter in den Urlaubszielen warteten auf seine Entscheidungen – Service-Center, Kunden-Hotline, TUI Care Teams und natürlich die Gäste.

Seit Ende 2015 verfügt die Abteilung „Business Continuity Management“, wie Heuers Bereich offiziell heißt, über einen neuen, professionell ausgestatteten Krisenraum, in dem es neben einem Konferenztisch für 16 Personen mit kompletter Technik, weiteren Arbeitsplätzen und großen Whiteboards auch eine Küche und separate Besprechungsräume gibt.

Wenn irgendwo auf der Welt etwas passiert, tritt unmittelbar ein Notfallplan in Kraft, ein standardisierter Prozess, der alle Abläufe detailliert festlegt. Der erste Schritt ist die Informationsbeschaffung und -verdichtung, denn schnelle und präzise Informationen sind die Grundlage für professionelle Sofortmaßnahmen und zeitnahe Entscheidungen. Hier unterstützt das weltweite Mitarbeiter-Netzwerk in den Urlaubsregionen auf der ganzen Welt mit schnellen und wertvollen Hinweisen.

Infos erhalten Heuer und seine Mannschaft auch aus dem „Global Monitoring“, einem Krisen-Informationssystem, mit dessen Hilfe weltweit kritische Ereignisse ermittelt, analysiert und über ein webbasiertes Geoinformationssystem dargestellt und mit den aktuellen Buchungsdaten abgeglichen werden. So erhält das Unternehmen innerhalb von Sekunden einen Überblick über aktuelle Gefahren und kann direkt erkennen, wo sich wie viele seiner Kunden und Mitarbeiter aufhalten. Damit können sie kurzfristig gezielt Informationen zu Gefährdungen und adäquaten Verhaltensmaßnahmen übermitteln. Die Daten werden aus einer Vielzahl von Quellen automatisch erhoben. Ein Redaktionsteam prüft, ergänzt und georeferenziert die Informationen und analysiert zudem Pressenachrichten.

Gearbeitet wird nach einem festen 3-Säulen-Ablauf – Krisenprävention, Krisenintervention und Krisenreview. Die Anlässe werden nach einem Ampelsystem von grün bis rot eingeteilt, strategisch bewertet und operativ bearbeitet. Im Krisenfall gibt’s sozusagen „zwei TUIs“: den Reiseveranstalter, der weiter Reisen verkauft, Urlauber betreut und das Tagesgeschäft abwickelt, und parallel dazu die Organisationseinheit, die sich ganz darauf konzentriert, die Krise zu managen.

Aktuell sind 500 TUI-Beschäftigte nach entsprechenden Qualifizierungen neben ihren eigentlichen Aufgaben bei Bedarf für das Krisenmanagement aktiv – sei es bei der Betreuung von Gästen vor Ort (sog. Care Teams) oder an den Hotlines. Zudem arbeiten sieben Beschäftigte als TUI OPS im 24 Std/7 Tage-Bereitschaftsdienst. Der TUI-Krisenstab besteht aus rund zehn entscheidungsbefugten Mitarbeitern verschiedener Bereiche (zum Beispiel Kundenservice, Recht, Presse) und ist schon nach wenigen Minuten handlungsfähig.

Im Krisenfall arbeitet die TUI mit einem Netzwerk von Behörden und Institutionen zusammen, u.a. mit den Geologischen Instituten in Hannover und Potsdam, der Koordinierungsstelle zur Nachsorge, Opfer- und Angehörigenhilfe (NOAH) für Deutsche nach schweren Unglücksfällen im Ausland bei der Zentralstelle für Zivilschutz des Bundesverwaltungsamtes, dem Gesundheitsamt, dem Robert Koch Institut und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, dem Deutschen ReiseVerband und auch der AWO – wenn es etwa um Kinderbetreuung geht. Die TUI ist zudem Teil des Tsunami-Alarmsystems.

Die hohe Qualität des Krisenmanagements belegen Zertifizierungen durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers und nach der internationalen Qualitätsrichtlinie DIN EN ISO 9001:2000.

Danke an Herrn Heuer und Herrn Köpers für die tiefen und offenen Einblicke „unter drei“! Als PCH-Mitglied und regelmäßiger TUI-Gast habe ich viel mitgenommen!


Bericht: Katharina Kümpel
Fotos: Katharina Kümpel, Torsten Hamacher