Romanus Otte: Qualitätsjournalismus

Referent

Er outete sich als Botschafter Hannovers, „der am meisten unterschätzten Stadt Deutschlands“, und hatte damit am 24. Juni im Presse Club die Zuhörer schon einmal auf seiner Seite. Dipl.-Volkswirt Romanus Otte (52), der als General Manager WELT ONLINE die finanzielle Verantwortung für die digitalen Angebote der Welt-Gruppe trägt, punktete mit einem weiteren Statement: „Wir  etablieren ein nachhaltig rentables Geschäftsmodell für den Qualitätsjournalismus der WELT im digitalen Zeitalter!“

Als „Grenzgänger zwischen Journalismus und Management“, wie er sich selbst nach Stationen „auf beiden Seiten des Tisches“ bei dpa, Springer, Tomorrow International, Financial Times Deutschland und seit 2001 wieder bei Springer bezeichnet, will Otte dazu beitragen, „dass der Qualitätsjournalismus, wie ich ihn mir vorstelle, am Leben bleibt“.

Verschiedene Revolutionen hätten die Medienlandschaft in den vergangenen Jahren sprunghaft verändert, und das Tempo werde noch steigen. Internet und Suchmaschinen hätten wie die Social Media dazu beigetragen, dass die traditionellen Nutzer der Printmedien ihre Gewohnheiten geändert hätten. „Kein Mensch braucht eigentlich heute noch eine Zeitung“, stellte Otte fest, die Generation der Zeitungsleser ginge ihrem Ende entgegen. Mehr und mehr entwickle sich die Zeitung zu einem Luxusobjekt, das in der Mediennutzung keine Rolle mehr spiele. Deshalb müssten die Anbieter ihre Geschäftsmodelle ändern. Dabei komme es entscheidend auf die Hardware an, deren technischer Fortschritt die Veränderung des Kommunikationsverhaltens vorantreibe. Otte erinnerte an die „Apple“-Strategien, die gegenwärtig auf der Suche nach neuen Feldern den menschlichen Körper als Informationsquelle ins Visier genommen habe.
 

Wie verhält sich die WELT in dieser neuen Situation? „Die Digitalisierung gibt uns die Chance einer historisch einmaligen Marktführerschaft in diesem Bereich“, stellte Otte fest. Die Produktpalette werde erweitert, Print verschmelze mit Audio und Video, Print- und Online-Redaktionen sind keine getrennten Abteilungen mehr, das Angebot an digitalen Produkten müsse jedoch bezahlt werden. „Wir brauchen das Geld für unser Ziel, auch in der digitalen Welt den Qualitätsjournalismus zu erhalten“, bekannte sich Otte zum „Paid Content“. Entspreche die Qualität des Angebotes den Erwartungen des Nutzers, werde der auch dafür bezahlen. Das beweise die stetig steigende Zahl der Abonnenten von Springers digitalen Angeboten.

Die Frage, warum Springer seine Tageszeitungen bis auf die Flaggschiffe verkauft habe, beantwortete Otte mit einem einleuchtenden Argument: „Die Aufsichtsbehörden hindern uns daran, auf diesem Sektor durch Zukäufe führend zu werden. Also müssen wir die Marktführerschaft auf anderen Feldern anstreben.“ Der Verkauf habe ausreichend Geld in die Kasse gespült, um neue journalistische Angebote zu entwickeln. Vor allem die jüngeren Journalisten unter den Zuhörern hörten das mit großem Interesse.

Bericht: Ulrich Eggert